August 2007

Zerstreuungskreise bei verschiedenen Filmformaten (2007)

Meine Ausgangsfrage: wie verhält es sich mit der Schärfentiefe bei den verschiedenen Filmformaten?

Größe der Zerstreuungskreise, erste Schätzung des Kurvenverlaufs.

Ich untersuche also die Grösse des Zerstreuungskreises in Abhängigkeit von der Formatdiagonalen , der Brennweite , der Blendenzahl und der fokussierten Entfernung .

Dazu etwas Linsenphysik:

Übersicht: wichtige Größen bei Linsenabbildung.

Es gilt also die Linsengleichung (1):

Und für die Öffnung gilt (2):

gesucht ist :

(s. Grafik)

(Strahlensatz)

Nach (1) gilt fuer :

(Analog für .) Also komplett:

Januar 2008

Bzw. einfacher:

Wir haben jetzt einen Ausdruck für in Abhängigkeit von , jetzt genannt. Wir nehmen zum Plotten den Absolutwert, um nur positive Durchmesser zu erhalten.

Z(f,g,K,x)= abs((f/K) * ((f*x/(x-f))-(f*g/(g-f))) / (f*x/(x-f)))
Z(f,g,K,x)= abs((1/K) * ((f*x/(x-f))-(f*g/(g-f))) / (x/(x-f)))

Lassen wir uns doch mal ein paar Kurven zeigen! Nehmen wir als Beispiel ein Normalobjektiv f=50 mm bei Blende K=1.4 und fokussierter Entfernung g=3000 mm:

set samples 500           # WICHTIG!
plot [450:9000] Z(50.,3000.,1.4,x)

Die etwas eigentümliche Zu- und Abnahme der Zerstreuungskreis-Durchmesser ist hier zu erkennen. Gegenstände, die immer näher an der Linse liegen, werden immer schneller immer unschärfer. Entfernte Gegenstände werden auch unschärfer, die Unschärfe hat aber als Grenzwert (für ):

Hier also 0.605 mm.

Was passiert, wenn wir das Objektiv auf verschiedene Entfernungen fokussieren? Als Beispiele g=1000, 3000, 7000 mm:

plot [450:9000] Z(50.,1000.,1.4,x), Z(50.,3000.,1.4,x), Z(50.,7000.,1.4,x)

Man sieht, dass sich ausser dem Punkt der maximalen Schärfe, der natürlich bei der fokussierten Entfernung liegt, hauptsächlich der Fern-Zerstreuungskreis ändert, er wird grösser mit kleinerem .

Die Kurven für ferne Fokussierung laufen auch flacher, was eine grössere Schärfentiefe bedeutet! Ich zeige den Standardwert für scharfe Abbildung, . (Dahinter steckt die Regel, dass 1/1500 der Formatdiagonale die maximale Auflösung des Auges sein sollen.) Für Fokussierung auf 3000 mm:

set yrange [0:0.04]
d=40; plot Z(50.,3000.,1.4,x), d/1500.

Für Fokussierung auf 7000 mm:

d=40; plot Z(50.,7000.,1.4,x), d/1500.

Jetzt könnten noch verschiedene Brennweiten interessieren:

reset y
plot Z(24.,3000.,2.8,x), Z(50.,3000.,2.8,x), Z(105.,3000.,2.8,x)

Sowie verschiedene Blenden:

plot Z(50.,3000.,1.4,x), Z(50.,3000.,4.,x), Z(50.,3000.,11.,x)

Jetzt zu den verschiedenen Filmformaten. Um die Objektive zu vergleichen, müssen wir ihre Bildwinkel kennen. Ich betrachte die Formatdiagonale von 6x6, , sowie Kleinbild, nutzbares Bild 24x32, . (Kleinbild auf Seitenverhältnis 4:3 beschnitten.)

Der Bildwinkel lässt sich so berechnen:

Kleine Tabelle für Kleinbild- und 6x6-Objektive:

a(f,d)=2*(atan(d/(2.*f))/2/pi*360)
(KB) (6x6)
17 99.27°
20 90.00° 40 89.42°
24 79.61° 50 76.76°
28 71.08°
60 66.85°
35 59.49°
80 52.67°
50 43.60° 100 43.21°
60 36.87° 120 36.53°
135 32.70°
150 29.58°
85 26.48° 180 24.81°
105 21.57°
250 18.00°
135 16.85°
150 15.19°
180 12.68° 350 12.91°

Ich definiere jetzt ein als , damit können wir Zerstreuungskreis-Durchmesser auf Endprints der gleichen Grösse vergleichen.

Zrel(f,g,K,x,d)=Z(f,g,K,x)/d
plot [450:9000] Zrel(85.,3000.,4.,x,40.), Zrel(180.,3000.,4.,x,79.2)

Zwei Objektive gleichen Bildwinkels (85 mm und 180 mm) auf dem jeweiligen Format. Das 180er zeichnet mehr als relativ doppelt so grosse Zerstreuungskreise, bei 450 mm z.B. 8.8 % vs. 20.6 % der Formatdiagonalen!

Wir brauchen Blende 1.7 beim 85er, um die gleiche Unschärfe im Print zu erhalten, wie beim 180er auf Blende 4 - oder ein 135er bei Blende 4:

Die relative Grenze für Schärfe als , ergibt sich dies:

Wenn man beide Formate um den gleichen Faktor vergrössert (d.h. 6x6 liefert grössere Prints), muss die Grenze absolut gleich sein, die Schärfentiefe bei 6x6 ist also noch viel geringer:

Ich wandle mal die Gleichung um:

proportional zu , proportional zu ,

proportional zu .

Aufgabe ist die Abbildung eines Schulterportraits, Diagonale des Objektfelds ist 600 mm.

/mm /mm , =2.8
1500 43.60 50 0.616 @1.4: 1.232
2550 26.48 85 1.047
3150 21.57 105 1.293 @2.5: 1.448
4051 16.85 135 1.661
4500 15.19 150 1.847
6000 11.42 200 2.463 @4.0: 1.724

also bei :

proportional zu , proportional zu !!

D.h. für das gleiche Schulterportrait liefert ein 105er ca. doppelte Zerstreuung eines 50ers (bei gleicher Blende):

Wenn man grössere Blenden bei kürzeren Brennweiten ausnutzt (50/1.4 etc.), ergibt sich immer noch ein Vorteil für die lange Brennweite, allerdings wirklich nur noch für extrem weit entfernte Hintergründe:

D.h. für Trennung naher Hintergründe vom Objekt ist hier ein Vorteil bei der kurzen Brennweite mit Offenblende!

Januar 2008

Die Frage jetzt etwas präzisiert: Ich will auf ein Objektfeld von 600 mm Höhe scharf stellen, wie oben; also ein Schulterportrait. Schärfe liegt auf den Augen des Portraitierten.

Jetzt möchte ich aber seinen Hinterkopf möglichst unscharf haben, d.h. eine möglichst dünne Schärfe-Ebene. Ich vergleiche deshalb verschiedene Objektive und Filmformate auf die Zersteuung 200 mm hinter der Schärfe-Ebene.

wie oben:

KB:

/mm /mm (+200 mm) (+200 mm)/%
1500 43.60 50 1.4 0.14489 0.3622 %
2550 26.48 85 2.0 0.10658 0.2665 %
3150 21.57 105 2.5 0.08646 0.2162 %
4051 16.85 135 2.8 0.07820 0.1955 %
5400 12.68 180 2.8 0.07917 0.1979 %

66:

/mm /mm (+200 mm) (+200 mm)/%
1212 52.67 80 2.8 0.28600 0.3611 %
1818 36.53 120 4.0 0.21012 0.2653 %
2273 29.58 150 4.0 0.21428 0.2706 %
2728 24.81 180 4.0 0.21714 0.2742 %

Jetzt noch schnell , d.h. für :

Diese Zahl gibt den Durchmesser eines Zerstreuungskreises eines weit entfernten Lichtpunkts hinter dem Objekt an, also z.B. Lichtkreise im Blätterdach, die klassischen Bokehbeipiele.

  • Last modified: 7 years ago
  • by peter